Adolf-Herrmann-Straße
Adolf Herrmann (08.12.1872 - 29.09.1906) Zimmermann, Bezirksvorstand der SPD, Bezirksführer im Arbeiterradfahrerbund „Solidarität“, von einem Polizisten tödlich verletzt
Adolf Herrmann war am 22. September 1906 im Stolper Dorfkrug beim Zahlabend seiner Partei. Drei Dorfpolizisten der Umgebung waren gleichzeitig zum Schlachtefest in der Krummen Linde Stolpe. Auf dem Heimweg in Richtung Hohen Neuendorf – in der Stolper Nussbaumallee - schoss Gendarm Jude aus Birkenwerder mit seinem Dienstrevolver Adolf Herrmann in den Unterleib. Jude und die anderen Gendarmen kümmerten sich nicht um das Opfer, sondern verschwanden sehr schnell vom Ort des Geschehens. Adolf Herrmann wurde von seinen Genossen zum Arzt Dr. Rosenthal gebracht, der ihn verband und am nächsten Morgen mit dem Zug nach Berlin in die Charité überführen ließ. Am 29. September starb Adolf Herrmann an den Folgen seiner Verletzung.
Über den Tathergang und das, was dem Schuss vorausging, waren damals die Aussagen unterschiedlich. Die Gendarmen versuchten zunächst, jede eigene Beteiligung zu leugnen. Sie - und im Anschluss daran einige Berliner Zeitungen - behaupteten, dass der Schuss von Räubern abgegeben worden sei. Als diese Variante nicht mehr zu halten war, gingen die amtlichen Untersuchungen von einer Schlägerei aus, die die Sozialdemokraten begonnen hätten. Deren Darstellungen deuteten eher auf einen von den Polizisten provozierten Streit oder auf einen ohne erkennbaren Grund abgegebenen Schuss hin.
Interessant sind die Folgen für die Beteiligten.
Gendarm Jude, der zweifelsfrei den zum Tode führenden Schuss abgegeben hatte, blieb zunächst im Amt. Erst nach Protesten wurde er aus der Polizei entlassen, erhielt aber den Posten eines Schleusenwärters in Oranienburg, der ihm finanziell mehr einbrachte als zuvor der Polizeidienst.
Adolf Herrmann verlor sein Leben. Die Familie war zerstört. Seine Frau stand mit den drei Kindern, zum Zeitpunkt des Todes ihres Vaters drei Monate, fünf und zehn Jahre alt, ohne Ernährer da. Gerichtsprozesse um eine Rente für die Hinterbliebenen mit Beteiligung des Rechtsanwalts Karl Liebknecht dauerten 13 Jahre und führten zu keinem Ergebnis. Frau Herrmann erhielt lediglich 20 Mark im Monat von der Gemeinde Hohen Neuendorf für die Erziehung ihrer Kinder - eine Art Sozialhilfe. Wegen der Kinder konnte Frau Herrmann nicht arbeiten gehen, es blieb ihr nur Heimarbeit. Als gelernte Schneiderin nähte sie für ein Geschäft, flocht auch Rohrstühle und trug Zeitungen aus.
Bauunternehmer Rostock, bei dem Adolf Herrmann als Zimmermann beschäftigt gewesen war, verlor einen, wie er aussagte, ruhigen und besonnenen Mann, von dem er nicht glauben konnte, dass er die Polizisten angegriffen habe. Diese Äußerung wurde ihm als Beamtenbeleidigung ausgelegt und hatte eine Geldstrafe zur Folge. Er sorgte dafür, dass Frau Herrmann und ihre Kinder verhältnismäßig billig wohnen konnten.
Jeweils zum Todestage am 29. September gab es große Gedenkveranstaltungen der SPD – u.a. mit dem Reichstagsabgeordneten Arthur Stadthagen -, die mit Geldsammlungen für die Hinterbliebenen verbunden waren.
Der Gedenkstein für Adolf Herrmann ist noch heute auf dem Friedhof in Hohen Neuendorf zu sehen. Er hat eine eigene Geschichte, aber die beginnt erst einige Jahre nach dem Tode Adolf Herrmanns.
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