Albertstraße
benannt nach (Wilhelm) Albert Kirschke 1856 -1945; Tischlermeister, Gastwirt, Siedler und Kommunalpolitiker
»Der Amts- und Gemeindevorsteher macht bekannt: Straßenbezeichnung. Die neugepflasterte Verbindungsstraße zwischen der Berliner- und Friedrichstraße wird Albertstraße« benannt.« So stand es am 24. Mai 1924 im Lokalblatt »Briesetal Bote«.
Aber was war der Grund? Wer war die Person, die Persönlichkeit, deren Namen diese Straße nun tragen sollte?
Mit dieser Straßenbenennung sollte Albert Kirschke für seine Verdienste um die Gemeinde Hohen Neuendorf gewürdigt werden. Albert Kirschke war bis zu dieser Zeit sehr aktiv in der Gemeindevertretung und in örtlichen Vereinigungen tätig.
1856 in Schwiebus dem heutigen Swiebodzin in der Woiwodschaft Lebus in Westpolen geboren, wurde Albert Kirschke Tischler, zog als Wanderbursche durch Deutschland und kam schließlich als Schreinermeister in Berlin zu Geld. Als sich in Hohen Neuendorf nach dem Bau der Nordbahn Ende des 19. Jahrhunderts Kolonien von ansiedlungswilligen Bürgern, vor allem aus Berlin, bildeten, ließ sich Albert Kirschke von Spekulanten dazu überreden, im heutigen Nordviertel Grundstücke zu kaufen. Aber seine Erwartungen erfüllten sich zunächst nicht. Es gab keinen Parzellierungsplan, keinen Bebauungsplan und schon gar keine Straßen. Doch davon ließ sich Albert Kirschke nicht entmutigen Er gründete mit anderen Betroffenen einen Verein, der einen Bebauungsplan entwerfen ließ und für die Entwässerung sorgte. An der Oranienburger Straße 74, der heutigen B96, baute er selbst ein Haus mit einer Gaststätte, die er zunächst verpachtete, später aber selbst übernahm. Dort lebte er bis zu seinem Tode 1945.
1904 wählten die Bürger von Hohen Neuendorf Albert Kirschke erstmals in die Gemeindevertretung. Übrigens nach dem damals in Preußen geltenden Dreiklassenwahlrecht. Dreimal wurde er wiedergewählt. 1918 berief ihn die Gemeindevertretung zum 1. Schöffen und damit zum ersten Stellvertreter des Gemeindevorstehers, den man heute Bürgermeister nennen würde. In dieser Funktion vertrat er lange Jahre den erkrankten Gemeindevorsteher Stankewitz. 1924 legte Albert Kirschke seine Ämter nieder, blieb aber weiter aktiv in der Gemeindepolitik, so zum Beispiel in einem der Grundbesitzervereine in Hohen Neuendorf. Diese Vereine waren mit Beginn der Ansiedlungen nach dem Bau der Nordbahn entstanden und nahmen zunächst vor allem Interessen der Neusiedler wahr.
In Hohen Neuendorf hat Albert Kirschke auch in den späteren Jahren großes Ansehen genossen. In einem Bericht der Nordbahn Nachrichten vom 29. August 1936 über die Grundsteinlegung für das neue Rathaus am 4. September 1935 ist zu lesen, dass er neben dem Regierungspräsidenten, dem Landrat und dem Bürgermeister – alles NS-Politiker – als »Vater Kirschke« die drei traditionellen Hammerschläge verrichten durfte. Das zeigt auch seine Nähe zum nationalsozialistischen Regime. Mit der Judenverfolgung scheint er auch keine Probleme gehabt zu haben. Wie hätte er sonst in seinen persönlichen Erinnerungen schreiben können: »Im Jahr 1912 wurde unser Wasserwerk gebaut und so sehr ich es begrüßte, ging es mir doch gegen den Strich, daß ausgerechnet der Jude Gottheiner beauftragt wurde, es zu bauen.«