Heinrich-Lersch-Weg
Heinrich Lersch (12.09.1889 – 18.06.1936) Kesselschmied, Lyriker, Prosaschriftsteller, 1914 Kriegsbefürworter, Nationalsozialist
Nachdem er in der Werkstatt seines Vaters das Handwerk des Kesselschmieds erlernt hatte, ging Lersch auf Wanderschaft in Deutschland, Belgien, den Niederlanden, Österreich, Italien und der Schweiz und arbeitete in verschiedenen Städten. Von seinem poetischen Talent zeugt 1914 eine erste 68 Seiten umfassende Veröffentlichung „Abglanz des Lebens“ mit Gedichten aus eigenen Erfahrungen und dem Dasein der Fabrikarbeiter.
Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs meldete sich Lersch, vom Kriegstaumel erfasst, als Freiwilliger an die Front und feierte den Krieg als „heiliges Schicksal“. Der Refrain seines Gedichtes „Soldatenabschied“ machte ihn noch 1914 als Kriegslyriker bekannt: „Deutschland muss leben, und wenn wir sterben müssen!“ 1916 nach Verschüttung dienstuntauglich geschrieben, erhielt er im selben Jahr den Kleistpreis. Er übernahm die väterliche Kesselschmiede, die er bis 1924 führte, dann aber wegen eines Lungenleidens aufgeben musste. In seinen „Gesängen von Volk und Werk“ und „Mensch im Eisen“ (1925) huldigte er einer idealistisch verklärten Sehnsucht nach einem reinen, Menschheit und Universum liebevoll umfassenden Menschen und beschritt damit den Weg, der ideologisch in die verlogene Naziphrase von der „Volksgemeinschaft“ mündete. Trotzdem gelangen ihm später noch vor allem in seinen Prosaarbeiten („Hammerschläge“ 1930, „Die Pioniere von Eilenburg“ 1933) wirklichkeitsgetreue Einzelzüge aus dem Leben der Industriearbeiter.
Lersch wurde vom Nationalsozialismus vereinnahmt, nachdem er selbst das Regime mit Verklärungen feierte – z.B. mit einer „Rede zu Ehren des Führers“ und mit neuen oder umgearbeiteten Gedichten, die dem Regime huldigten. Auch gehörte er zu den 88 deutschen Schriftstellern, die 1933 das „Gelöbnis treuester Gefolgschaft für Adolf Hitler“ unterzeichneten. Er hielt Vorträge vor der Hitlerjugend und anderen Organisationen. Diese Haltung brachte ihm Ehrungen und Auszeichnungen ein. Im Mai 1933, als viele Mitglieder wie z.B. Heinrich Mann und Käthe Kollwitz ausgeschlossen wurden oder austraten, wurde er in die Preußische Akademie der Künste berufen. Im August 1935 trat Lersch in die NSDAP (Mitgliedsnummer 3.701.750) ein. Im selben Jahr erhielt er den mit 200 Mark dotierten Rheinischen Literaturpreis.
Heinrich Lersch wurde 1936 mit großem Aufwand beerdigt und offiziell betrauert. Zu seinem Ehrenbegräbnis erschienen 120.000 Trauernde. In vielen Orten nicht nur in seiner rheinischen Heimat wurden Straßen, Wege oder Plätze nach ihm benannt. So kam auch Hohen Neuendorf zu seinem Heinrich-Lersch-Weg, dessen Bezeichnung im Zuge der zahlreichen Umbenennungen 1945 nicht verändert wurde, offensichtlich wegen mangelnder Sachkenntnis der Verantwortlichen, obwohl seine Werke auf der Liste der auszusondernden Literatur standen.
In den Jahren um 2010 setzte mancherorts Kritik am Fortbestehen dieser Bezeichnungen ein. Nach einer acht Jahre dauernden Debatte hieß es 2011 im österreichischen Graz: Kein Raum für NS-Dichter: Graz benennt den Platz um. Dieser erhielt den Namen der 1943 von einem NS-Gericht zum Tode verurteilten Widerstandskämpferin Helene Serfecz. In Köln und Münster kamen nach öffentlichen und in Vertretungen geführten Auseinandersetzungen Umbenennungen schließlich nicht zustande. An den meisten Stellen wie auch in Hohen Neuendorf wurden jedoch Bezeichnungen, mit denen Lersch geehrt wurde, nicht als Problem gesehen.
In Lerschs Geburtsstadt Mönchengladbach ehrte sogar die erst 1989 im Zusammenhang mit seinem 100. Geburtstag so benannte Heinrich-Lersch-Schule ihren Namensgeber mit einer Projektwoche, weil sie in seinem 125. Geburtstag einen Grund zum Feiern sah.
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