Leuschnerstraße
Wilhelm Leuschner (15.06.1890 – 29.09.1944) Sozialdemokratischer Politiker, Gewerkschafter, hingerichtet im Strafgefängnis Berlin-Plötzensee
Mit der nach Wilhelm Leuschner nach dem Zweiten Weltkrieg in Hohen Neuendorf benannten ehemaligen Blumenthalstraße wird an eine der führenden Personen im Widerstand gegen Adolf Hitler gedacht. Vom „Kreisauer Kreis“ war Wilhelm Leuschner als Vizekanzler oder Reichspräsident erwogen worden. Seine ganze Kraft hatte Leuschner jedoch der gewerkschaftlichen Arbeit und dem Gedanken an eine starke Einheitsgewerkschaft nach dem Nazi-Unrechtsregime gegolten.
Geboren in Bayreuth hatte Leuschner zunächst die Lehre als Holzbildhauer begonnen und war danach zur Weiterbildung nach Leipzig und Darmstadt gegangen, wo er in einer Hofmöbelfabrik gearbeitet hatte. Von dort kehrte er nach Bayreuth zurück und hatte von 1909 bis 1910 an der königlichen Kunstgewerbeschule in Nürnberg studiert.
Im liberalen Hessen aber, das als das fortschrittlichste Land im kaiserlichen Deutschen Reich galt, in Darmstadt begann noch vor dem Ersten Weltkrieg Leuschners politische und gewerkschaftliche Karriere. 1918, nach dem Krieg, den er von 1916 bis zum Ende an der Ostfront verbrachte, wählten ihn seine Kameraden zum Vorsitzenden ihres Soldatenrates. Später widmete er sich dem Wiederaufbau der Gewerkschafts- und Parteiorganisation. Als Mitglied der SPD, in die er 1913 eingetreten war, wurde er in den Stadtrat gewählt und 1924 mit 34 Jahren in den Landtag des Volksstaates Hessen (südliches Hessen, bzw. ehemaliges Großherzogtum Hessen-Darmstadt), dessen Vizepräsident er sofort wurde. In einer Denkschrift zur Weimarer Verfassung schrieb er 1929: „Das Ziel heißt, aus der politischen eine soziale Demokratie zu machen, die politische und soziale Gerechtigkeit zu ergänzen und zu vollenden durch die Sicherung der wirtschaftlichen Gerechtigkeit für alle Volksgenossen im Volksstaate.“ Diesem Ziel gehörte sein Engagement, auch als er 1928 mit 38 Jahren Innenminister des Landes wurde und recht bald mit den erstarkenden Nationalsozialisten in die Auseinandersetzungen geriet. Anfangs hatte er noch Hoffnungen, die Nazis durch ein Bündnis mit den Rechts-Konservativen unter von Papen aufhalten zu können, musste aber bald einsehen, dass es keine Chance gab und die Entwicklung ihn überrollte.
1932 ging er nach Berlin, wo er in der Bundesführung des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB) die Vertretung beim Internationalen Arbeitsamt in Genf übernahm. Nach der Machtübernahme Hitlers und seinem gescheiterten Versuch, die Gewerkschaften vor den Nazis zu retten, musste Leuschner, vor allem nach der Zerschlagung der Gewerkschaften am 2. Mai 1933, erkennen, dass es keinerlei Arrangement mit den Nationalsozialisten geben konnte. Er wurde verhaftet, jedoch nach wenigen Tagen freigelassen, weil der NS-Führer der Deutschen Arbeitsfront, Robert Ley, hoffte, mit Leuschners Hilfe sich auf der Internationalen Arbeitskonferenz in Genf als Führer der deutschen Arbeiter zu legitimieren. Aber Leuschner verweigerte jede Unterstützung. Auf dem Rückweg von Genf wurde er verhaftet und verbrachte zwei Jahre in verschiedenen Konzentrationslagern.
Nach seiner Freilassung war er in eine Metallwarenfabrik eingestiegen, in der viele Sozialdemokraten und Gewerkschafter arbeiteten. Er machte aus dem maroden Betrieb ein erfolgreiches Unternehmen und nutzte die sich daraus ergebenden Kontakte, um Beziehungen zu anderen Regimegegnern, darunter Jakob Kaiser, Julius Leber und Generaloberst Ludwig Beck, zu knüpfen. Mit Jakob Kaiser entwickelte er den Gedanken der Einheitsgewerkschaft, die nach dem Ende Hitlers die Interessen der Arbeiter vertreten und die Spaltung der Arbeiterschaft überwinden sollte. In ihr sah er die entscheidende Kraft für den Wiederaufbau Deutschlands nach dem Krieg. Diesen Gedanken setzte er auch gegenüber den konservativen Kräften des Widerstandes durch. Über Carl Goerdeler hatte er Kontakt zum „Kreisauer Kreis“ gehalten.
Nach dem gescheiterten Attentat vom 20. Juli 1944 wurde er am 16. August verraten und verhaftet. Trotz Folterungen im KZ Ravensbrück hatte er in den Verhören niemanden verraten. Der Volksgerichtshof verurteilte ihn am 8. September 1944 unter Vorsitz Roland Freislers zum Tode am Strang „wegen Vorbereitung zum Hochverrat“.
Am Abend des 29. September 1944 wurde Wilhelm Leuschner im Strafgefängnis Berlin-Plötzensee gehenkt. In der Gedenkstätte der Sozialisten auf dem Zentralfriedhof in Berlin-Friedrichsfelde erinnert auf dem Gedenkstein aus Porphyr sein Name daran, dass er sein Leben im Kampf gegen das Naziregime einsetzte und verlor.
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